As Time Goes By

Der verpasste Bus

Verschlafe mal wieder. Ist nicht so, dass ich’s nicht besser wüsste, aber mein Wecker hat heute diesen passiv-aggressiven Ton drauf, wo er zwar klingelt, aber irgendwie nicht laut genug, um gegen meinen Traum anzukommen. Da war ich gerade dabei, durch eine Bibliothek zu schwimmen, deren Bücher aus Wasser bestanden. War eigentlich cool.

Jetzt stehe ich an der Bushaltestelle und sehe nur noch die Rücklichter der 37, die sich wie ein fetter, selbstzufriedener Käfer davonmacht. Typisch. Der Bus ist immer dann pünktlich, wenn ich es nicht bin.

Die Anzeigetafel sagt, der nächste kommt in zwanzig Minuten. Super. Ich trete von einem Fuß auf den anderen, reibe mir die Hände. November-Kälte kriecht mir unter die Jacke. Hätte mir einen Schal umwickeln sollen, denke ich, während ich spüre, wie die Kälte meinen Nacken hochkriecht wie eine neugierige Spinne.

Die Bushaltestelle ist so gut wie leer. Nur eine Frau mit einer karierten Einkaufstasche und, etwas abseits, eine Gestalt in einer dunkelblauen Jacke. Kann nicht genau sagen, ob Mann oder Frau. Die Person steht mit dem Rücken zu mir, starrt auf ihr Handy. Das bläuliche Licht des Displays zeichnet scharfe Konturen auf das Gesicht, das ich nur im Profil sehe.

Ich überlege, ob ich die Wartezeit nutzen soll, um mir einen Kaffee zu holen. Gegenüber ist so ein Hipsterladen, wo sie den Kaffee in Reagenzgläsern servieren oder so einen Quatsch. Aber eigentlich bin ich zu faul, die Straße zu überqueren. Außerdem würde mit meinem Glück genau dann ein Bus kommen, wenn ich mit meinem Reagenzglas-Kaffee auf halbem Weg zurück bin.

Die Frau mit der Einkaufstasche murmelt etwas vor sich hin. Ich kann nicht verstehen, was sie sagt, aber ihr Gesicht ist verkniffen, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. Sie sieht immer wieder auf ihre Armbanduhr, eine von diesen altmodischen mit einem braunen Lederarmband, die aussieht, als hätte sie schon den Zweiten Weltkrieg miterlebt.

Ein Windstoß fegt Blätter über den Bürgersteig. Ich ziehe den Reißverschluss meiner Jacke höher. Der Himmel hängt tief und grau, wie eine Decke, die gleich auf uns herabfallen könnte.

Die Person in der blauen Jacke dreht sich plötzlich um. Es ist ein Mann, Mitte dreißig vielleicht, mit einem Gesicht, das irgendwie vertraut aussieht, obwohl ich sicher bin, ihn noch nie getroffen zu haben. Er hat diese Art von Gesicht, die man vergisst, sobald man wegschaut, aber trotzdem – da ist etwas.

Unsere Blicke treffen sich kurz, und er lächelt. Nicht dieses übliche Fremden-Lächeln, das nichts bedeutet, sondern eins, das eine Geschichte zu erzählen scheint. Als würde er ein Geheimnis kennen, das mich betrifft.

„Auch den Bus verpasst?“ fragt er.

Seine Stimme klingt wie warmer Honig an einem kalten Tag. Tief und beruhigend.

„Ja“, sage ich und trete von einem Fuß auf den anderen. „Verschlafen.“

Er nickt, als würde er genau verstehen. „Ich hatte einen Traum, aus dem ich nicht aufwachen wollte“, sagt er. „Deswegen bin ich zu spät.“

Mein Herz macht einen kleinen Sprung. „Ich auch“, sage ich überrascht. „Was hast du geträumt?“

Er lacht leise. „Du wirst es nicht glauben, aber ich war in einer Bibliothek, in der…“

„…die Bücher aus Wasser bestanden?“, beende ich seinen Satz.

Wir starren uns an. Die Frau mit der Einkaufstasche wirft uns einen misstrauischen Blick zu und rückt ein Stück weg.

„Wie ist das möglich?“, fragt er leise.

Ich zucke mit den Schultern, obwohl mein Herz jetzt wie verrückt klopft. „Keine Ahnung. Zufall?“

Er schüttelt den Kopf. „Glaubst du an Zufälle?“

Eigentlich nicht. Aber ich glaube auch nicht an telepathische Traumverbindungen mit Fremden an Bushaltestellen. „Vielleicht haben wir denselben Film gesehen oder dasselbe Buch gelesen“, sage ich pragmatisch.

„Kannst du dich an Details erinnern?“, fragt er. „Ich war in einer riesigen Bibliothek mit hohen Regalen. Die Bücher bestanden aus Wasser, das irgendwie seine Form behielt. Wenn man sie öffnete, konnte man in ihnen lesen, aber die Buchstaben bewegten sich wie kleine Fische.“

Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Das ist exakt, was ich geträumt habe. Sogar das Detail mit den Buchstaben, die wie Fische schwammen.

„Da war ein Bibliothekar“, sage ich langsam, „der aussah wie ein alter Seemann. Mit einer Pfeife und…“

„…einem Kompass um den Hals“, sagt er gleichzeitig mit mir.

Die Frau mit der Einkaufstasche ist jetzt ganz ans andere Ende der Haltestelle gerückt und mustert uns, als wären wir Ausbrecher aus der Psychiatrie.

„Das ist unmöglich“, sage ich. Mein Mund ist trocken.

Er nickt langsam. „Und doch ist es passiert.“

Ein Moment der Stille zwischen uns. In der Ferne höre ich das Rauschen des Verkehrs, das Hupen eines Autos, das Lachen eines Kindes. Alles so normal, so alltäglich. Und doch steht hier dieser Fremde, der denselben Traum hatte wie ich.

„Ich bin übrigens…“, beginnt er, aber in diesem Moment fährt ein Bus vor. Nicht die 37, die ich brauche, sondern die 42. Die Frau mit der Einkaufstasche steigt ein, wirft uns noch einen letzten Blick zu, der sagt: „Spinner“, und verschwindet im Bus.

„Nicht deiner?“, fragt er, als der Bus weiterfährt.

Ich schüttle den Kopf. „Ich brauche die 37.“

„Ich auch“, sagt er und lächelt wieder dieses merkwürdige Lächeln. „Wohin musst du?“

„Zur Arbeit. Im Krankenhaus am Stadtrand.“

Seine Augen werden groß. „Du arbeitest im St. Elisabeth?“

Jetzt bin ich überrascht. „Ja. Woher weißt du das?“

„Ich habe da einen Termin. Eine MRT-Untersuchung.“

Noch so ein Zufall. Oder was auch immer das hier ist. Ich arbeite in der Radiologie, genau dort, wo er hinmuss.

„Was für ein Zufall“, sage ich, obwohl ich es nicht wirklich glaube.

„Ist es das?“, fragt er und sieht mich intensiv an. „Was, wenn es kein Zufall ist? Was, wenn wir aus einem bestimmten Grund denselben Traum hatten? Was, wenn wir uns treffen sollten?“

Normalerweise würde ich jetzt innerlich die Augen verdrehen. Ich bin kein Fan von esoterischem Gerede. Aber nach dem Traum… ich weiß nicht. Da ist etwas, das mich zögern lässt.

„Glaubst du an so was?“, frage ich. „An Schicksal und so?“

Er zuckt mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ob ich an ‚Schicksal‘ glaube. Aber ich glaube, dass manche Dinge zu merkwürdig sind, um sie als bloßen Zufall abzutun.“

Der Wind wird stärker, wirbelt mehr Blätter auf. Ein paar davon verfangen sich in meinem Haar. Er streckt die Hand aus, zögert kurz, und nimmt dann vorsichtig ein rotbraunes Ahornblatt aus meinen Haaren.

„In der Bibliothek“, sagt er leise, „hast du ein Buch gelesen, in dem die Geschichte unserer Begegnung stand?“

Ich erstarre. Woher weiß er das? Im Traum hatte ich tatsächlich ein bestimmtes Buch aufgeschlagen, in dem eine Geschichte über zwei Menschen stand, die sich an einer Bushaltestelle treffen, nachdem sie denselben Traum hatten.

„Du auch?“, flüstere ich.

Er nickt. „Glaubst du immer noch an Zufälle?“

In der Ferne höre ich das Motorengeräusch eines Busses. Die 37 kommt. Ich sollte erleichtert sein, aber irgendwie bin ich es nicht. Ich will dieses Gespräch nicht beenden. Nicht, bevor ich verstehe, was hier passiert.

„Was, wenn…“ Ich zögere. „Was, wenn wir den Bus wieder verpassen?“

Er grinst. „Dann hätten wir mehr Zeit zum Reden.“

Der Bus nähert sich. Ich denke an meinen Chef, der schon sauer sein wird, weil ich zu spät komme. Noch später zu kommen wäre keine gute Idee. Und doch…

„Ich könnte einen Kaffee vertragen“, sage ich und nicke zu dem Hipsterladen auf der anderen Straßenseite. „Du auch?“

Er folgt meinem Blick. „Dort drüben? Servieren die nicht Kaffee in Reagenzgläsern oder so einen Quatsch?“

Ich lache. „Genau das habe ich auch gedacht!“

Die 37 hält mit quietschenden Bremsen vor uns. Die Türen öffnen sich einladend. Der Busfahrer schaut uns erwartungsvoll an.

„Also?“, fragt er. „Verpassen wir den Bus oder nicht?“

Ich schaue auf den Bus, dann auf ihn, dann wieder auf den Bus. Mein Chef wird toben. Die Patienten werden warten müssen. Es ist unverantwortlich.

„Tut mir leid“, rufe ich dem Busfahrer zu. „Wir nehmen den nächsten.“

Der Busfahrer schüttelt den Kopf, schließt die Türen, und die 37 setzt sich wieder in Bewegung. Fort. Ohne uns.

„Bist du sicher?“, fragt er, als der Bus um die Ecke verschwindet. „Kommst du nicht in Schwierigkeiten?“

„Doch“, sage ich und muss grinsen. „Aber irgendwie ist es mir gerade egal.“

Wir überqueren die Straße zum Café. Im Schaufenster sehe ich unser Spiegelbild – zwei Fremde, die aussehen, als würden sie sich seit Jahren kennen.

„Was denkst du, warum wir denselben Traum hatten?“, frage ich, als wir die Tür öffnen und der Duft von Kaffee uns entgegenschlägt.

„Keine Ahnung“, sagt er. „Aber ich bin froh darüber.“

Ich auch, denke ich. Seltsamerweise bin ich das wirklich.

Wir bestellen Kaffee, der tatsächlich in lächerlichen Glasgefäßen serviert wird, die mehr an ein Chemielabor erinnern als an ein Café. Wir finden einen Tisch am Fenster, von wo aus wir die Bushaltestelle sehen können. In zwanzig Minuten wird der nächste Bus kommen. Wir haben Zeit.

„Erzähl mir mehr von dem Buch, das du in der Bibliothek gelesen hast“, sagt er und rührt in seinem Kaffee. „Was stand darin? Über uns?“

Ich denke nach, versuche mich an die Details zu erinnern. „Es war merkwürdig“, sage ich langsam. „Als würde die Geschichte passieren, während ich sie lese. Jedes Mal, wenn ich umblätterte, war mehr da. Es ging um zwei Menschen, die sich an einer Bushaltestelle trafen, nachdem sie den Bus verpasst hatten.“

„Genau wie wir“, sagt er.

„Ja. Und sie stellten fest, dass sie denselben Traum gehabt hatten.“

„Und dann?“

Ich runzle die Stirn. „Ich weiß nicht. Ich bin aufgewacht, bevor ich weiterlesen konnte.“

Er lacht leise. „Ich auch. Genau an der gleichen Stelle.“

Wir schweigen einen Moment, nippen an unserem chemielaborartigen Kaffee, der überraschend gut schmeckt.

„Vielleicht“, sagt er nachdenklich, „schreiben wir die Geschichte jetzt selbst weiter.“

„Was meinst du?“

„Na ja, im Traum konnten wir nicht weiterlesen, weil die Geschichte noch nicht passiert war. Sie passiert jetzt. Wir erschaffen sie gerade.“

Das klingt verrückt. Und doch… nach allem, was heute passiert ist, nicht verrückter als die Realität.

„Okay“, sage ich und lehne mich zurück. „Und wie geht sie weiter, unsere Geschichte?“

Er lächelt und nimmt einen Schluck Kaffee. „Das finden wir heraus, oder?“

Draußen beginnt es zu regnen. Sanfte Tropfen trommeln gegen die Fensterscheibe, verwandeln die Welt draußen in ein verschwommenes Gemälde. Die Bushaltestelle sieht jetzt aus wie ein einsamer Leuchtturm in einem Meer aus Grau.

„Weißt du“, sagt er nach einer Weile, „ich glaube, ich habe von dir geträumt, bevor ich dich getroffen habe. Nicht nur letzte Nacht. Schon früher.“

„Wirklich?“, frage ich überrascht. „Wie meinst du das?“

Er zögert, als wäre er sich nicht sicher, ob er weitersprechen soll. „Es klingt verrückt, aber in den letzten Monaten hatte ich immer wieder Träume von jemandem… Ich konnte nie das Gesicht sehen, aber es fühlte sich vertraut an. Wie ein alter Freund oder so. Und jetzt, wo ich hier mit dir sitze, habe ich das Gefühl, dass du es warst.“

Unter normalen Umständen würde ich das für eine ziemlich abgedroschene Anmache halten. Aber nach allem, was heute passiert ist, bin ich nicht sicher, was normal ist und was nicht.

„Und wovon hast du geträumt?“, frage ich. „Was haben wir gemacht, in diesen Träumen?“

Er lächelt verlegen. „Verschiedene Dinge. Manchmal saßen wir einfach nur irgendwo und haben geredet. Manchmal waren wir auf Reisen, an Orten, die ich noch nie gesehen habe. Einmal standen wir auf einem Berggipfel und haben die Sterne beobachtet.“

Ich schlucke. Das mit dem Berggipfel und den Sternen – das kommt mir auch bekannt vor. Als hätte ich dasselbe geträumt, mich aber nicht daran erinnert, bis er es erwähnt hat.

„Das mit den Sternen“, sage ich langsam. „War es ein bestimmter Berg? Mit einem seltsam geformten Felsen am Gipfel, der aussah wie ein schlafender Drache?“

Seine Augen werden groß. „Ja! Genau das! Wie kannst du das wissen?“

Ich schüttle verwirrt den Kopf. „Ich weiß es nicht. Es kam mir einfach bekannt vor, als du es erwähnt hast.“

Wir sehen uns an, verblüfft, verwirrt, und doch seltsam aufgeregt.

„Was passiert hier?“, flüstere ich.

Er zuckt mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung. Aber ich bin neugierig, es herauszufinden.“

Draußen hat der Regen nachgelassen. Ein schwacher Sonnenstrahl kämpft sich durch die Wolken, lässt die nassen Straßen glitzern wie frisch poliertes Silber.

„Dein MRT-Termin“, sage ich plötzlich. „Willst du mir erzählen, warum du einen hast?“

Sein Lächeln verblasst ein wenig. „Kopfschmerzen“, sagt er. „Seit ein paar Monaten. Immer schlimmer. Und dann die Träume… Mein Arzt meinte, es wäre besser, mal nachzuschauen, ob alles in Ordnung ist.“

„Seit ein paar Monaten?“, frage ich. „Seit wann genau?“

Er überlegt. „Seit März etwa. Warum?“

Ich spüre, wie ein Schauer über meinen Rücken läuft. „Im März hatte ich einen Fahrradunfall. Nichts Schlimmes, aber ich habe mir den Kopf angestoßen. Und seitdem…“ Ich zögere. „Seitdem habe ich diese Träume.“

Wir schweigen beide, lassen die Information zwischen uns schweben wie eine seltsame, schimmernde Seifenblase.

„Glaubst du“, beginnt er langsam, „dass da ein Zusammenhang besteht? Zwischen deinem Unfall und meinen Kopfschmerzen? Zwischen unseren Träumen?“

Ich schüttle den Kopf. „Das wäre absurd. Wie sollte das funktionieren? Wir kannten uns nicht einmal.“

„Und doch sitzen wir hier“, sagt er leise. „Nach demselben Traum. An derselben Bushaltestelle.“

Draußen sehe ich die 37 heranfahren. Unser nächster Bus. Die Entscheidung liegt wieder bei uns – einsteigen oder noch einen verpassen?

„Wir sollten fahren“, sage ich, obwohl ein Teil von mir hier bleiben will, um weiter über all das zu reden. „Dein Termin. Meine Arbeit.“

Er nickt, und doch sehe ich eine gewisse Widerwilligkeit in seinen Augen. Wir zahlen, treten hinaus in die feuchte, frisch gewaschene Luft und überqueren die Straße zur Haltestelle, gerade als der Bus einfährt.

Diesmal steigen wir ein. Finden nebeneinander Platz. Der Bus ist fast leer, nur ein paar vereinzelte Gestalten sitzen verstreut auf den Sitzen, jeder in seiner eigenen kleinen Welt.

„Ich bin übrigens in der Radiologie“, sage ich, als der Bus losfährt. „Vielleicht sehe ich dich später bei deinem Termin.“

„Das wäre schön“, sagt er und lächelt. „Dann können wir unser Gespräch fortsetzen.“

Wir schweigen eine Weile, während der Bus durch die Straßen rumpelt. Die Stadt zieht an uns vorbei wie ein Film im Zeitraffer. Menschen, Häuser, Geschäfte, Parks.

„Weißt du“, sagt er plötzlich, „vielleicht ist das alles hier auch nur ein Traum.“

Ich sehe ihn fragend an.

„Vielleicht“, fährt er fort, „träumen wir beide gerade. Vielleicht liegen wir in unseren Betten und träumen von einer Begegnung an einer Bushaltestelle, von einem verpassten Bus, von einem gemeinsamen Traum.“

Der Gedanke ist seltsam beunruhigend. „Und wie finden wir heraus, ob das hier real ist oder nicht?“

Er grinst. „Gar nicht. Das ist das Spannende daran.“

Der Bus hält an einer Ampel. Draußen geht eine Frau mit einem roten Regenschirm vorbei. Sie sieht kurz in unsere Richtung, und für einen Moment habe ich das Gefühl, sie zu kennen. Als wäre sie eine Figur aus einem anderen Traum, der sich mit diesem überschneidet.

„Wenn das ein Traum ist“, sage ich, „dann will ich nicht aufwachen.“

Er lächelt. „Ich auch nicht.“

Der Bus setzt sich wieder in Bewegung. Wir nähern uns dem Krankenhaus. Ich sehe das große, weiße Gebäude schon in der Ferne.

„Aber wenn es ein Traum ist“, sagt er nachdenklich, „dann muss er irgendwann enden. Alle Träume enden.“

„Müssen sie das?“, frage ich. „Vielleicht geht dieser Traum nahtlos in den nächsten über. Vielleicht ist das Leben nur eine Kette von Träumen, die ineinander übergehen.“

Er sieht mich an, als hätte ich etwas Tiefgründiges gesagt, obwohl ich mir selbst nicht sicher bin, was ich damit meine.

„Ich mag, wie du denkst“, sagt er einfach.

Der Bus hält vor dem Krankenhaus. Wir steigen aus, stehen nebeneinander auf dem Gehweg. Die Sonne hat sich jetzt vollständig durch die Wolken gekämpft, taucht alles in ein warmes, goldenes Licht.

„Ich muss zur Arbeit“, sage ich. „Aber ich sehe dich später, bei deinem Termin.“

Er nickt. „Ich freue mich darauf.“

Wir stehen da, zögern beide, als gäbe es noch etwas zu sagen, bevor wir uns trennen.

„Was, wenn…“, beginnt er.

„Was?“, frage ich.

„Was, wenn wir beide aufwachen, bevor wir uns wiedersehen? Was, wenn das hier wirklich nur ein Traum ist und wir aufwachen, jeder in seinem eigenen Bett, ohne zu wissen, wie wir den anderen finden können?“

Es ist ein beunruhigender Gedanke. Was, wenn er recht hat? Was, wenn all das nicht real ist?

„Dann“, sage ich langsam, „müssen wir uns in unseren Träumen wieder treffen. In der Bibliothek mit den Wasserbüchern.“

Er lächelt. „Ich werde dort sein. Versprochen.“

Und da, auf dem Gehweg vor dem Krankenhaus, im goldenen Licht der Novembersonne, weiß ich, dass ich ihn wiedersehen werde. Ob im Wachen oder im Traum – das spielt keine Rolle.

Ich drehe mich um, gehe auf den Haupteingang zu. Bevor ich hineingehe, schaue ich noch einmal zurück. Er steht immer noch da, winkt mir zu. Ich winke zurück und trete ein.

Der Tag beginnt, und doch fühlt es sich an, als wäre ich immer noch in einem Traum gefangen. Einem wunderschönen Traum, aus dem ich nie aufwachen möchte.

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