As Time Goes By

Unsinn

Die Sonne brannte auf den kleinen Hafen von Moguéran, als hätte sie sich vorgenommen, alles Salz, alle Feuchtigkeit der vergangenen Stürme aus dem Holz der Boote und dem Kopfsteinpflaster der Gassen zu ziehen. Der Wind war sanft, streichelte die Gesichter der Fischer, die in gebückter Haltung ihre Netze flickten, und wehte den Geruch von Algen, Öl und getrocknetem Fisch über den Platz. Ich saß auf einer der niedrigen Mauern, meine nackten Füße in den Sand gesteckt, eine Zigarette in der Hand, die halb vergessen vor sich hin brannte.

Marie war ein Stück weiter, kniete im Sand und kramte in ihrem roten Korb, der immer ein bisschen wie ein Requisit aus einem anderen Jahrhundert wirkte. Sie zog ein Stück Stoff heraus – türkis, hauchdünn, das Licht schien durch – und hielt es hoch, als wollte sie sichergehen, dass es der Sonne gefiel.

„Was ist das?“ rief ich zu ihr, mehr aus Langeweile als aus Interesse.

„Ein Kleid,“ antwortete sie, ohne aufzusehen. „Oder etwas, das mal eins war.“ Sie lachte leise, ein Klang, der sich mit dem Rauschen der Wellen vermischte. „Vielleicht ein Tuch. Willst du es anprobieren?“

„Nein, danke.“ Ich zog an der Zigarette, der Rauch kratzte in meiner Kehle, aber es war ein vertrautes, fast beruhigendes Gefühl. „Es würde mir sowieso nicht stehen.“

„Ach, du weißt gar nicht, was dir steht.“ Sie ließ das Kleid zurück in den Korb fallen, drehte sich zu mir um und setzte sich auf ihre Fersen. Ihr Blick war herausfordernd, schalkhaft, wie immer, wenn sie etwas im Kopf hatte. „Vielleicht solltest du dich öfter überraschen lassen.“

„Von dir oder von mir?“

„Beides.“ Sie erhob sich, schlug den Sand von ihren Knien und kam zu mir herüber. „Hast du eigentlich irgendwas geplant für heute?“

„Ja, ich wollte den ganzen Tag hier sitzen und nichts tun.“

„Klingt nach einem soliden Plan.“ Sie lehnte sich an die Mauer, ihre Hüfte an meiner Schulter, und sah hinaus aufs Meer. „Aber ich hab eine bessere Idee.“

„Ich wusste, dass das kommt.“


Marie hatte immer „bessere Ideen“. Meistens bedeutete das, dass ich Dinge tat, die ich mir nie von selbst vorgenommen hätte – und dann überrascht war, wie sehr ich es genoss. Diesmal schleppte sie mich in einen winzigen Laden am Ende der Hafenstraße, der so unscheinbar war, dass ich ihn in meiner Zeit in Moguéran nicht einmal bemerkt hatte. Die Tür knarrte, als wir eintraten, und die Luft im Inneren war kühl und schwer von einer Mischung aus Leder, Holz und altmodischem Parfüm.

„Was suchst du?“ fragte ich, während Marie zielstrebig durch die engen Gänge schritt, ihre Finger über Regale und Kleiderständer gleiten ließ.

„Etwas… Passendes.“ Sie hielt an, zog ein Paar schwarze Strümpfe hervor, die auf eine Art durchsichtig waren, dass es fast obszön wirkte, und hielt sie mir entgegen. „Was denkst du?“

„Ich denke, du weißt genau, was du willst, und ich bin nur hier, um das zu bestätigen.“

„Richtig.“ Sie lächelte, legte die Strümpfe beiseite und suchte weiter.

Der Laden war voller Dinge, die ich nicht einordnen konnte – Kleidungsstücke, die wie Relikte aus anderen Zeiten wirkten, und Schmuck, der aussah, als hätte er Geschichten zu erzählen. Während Marie in einer Ecke verschwand, entdeckte ich eine alte Lederjacke, die aussah, als hätte sie mehr Abenteuer erlebt als ich je in meinem Leben haben würde. Ich zog sie von der Stange, hielt sie gegen das Licht, und die abgewetzten Kanten und Kratzer schienen fast zu leuchten.

„Steht dir.“

Ich drehte mich um. Marie stand hinter mir, hatte ein Kleid über den Arm geworfen, das so rot war, dass es fast wie ein Warnsignal wirkte.

„Ich hab sie noch nicht mal anprobiert.“

„Das musst du auch nicht.“ Sie griff nach der Jacke, zog sie mir aus den Händen und hielt sie mir hin. „Probier sie an.“


Ich weiß nicht, warum ich auf sie hörte. Vielleicht, weil sie so überzeugend war. Vielleicht, weil es einfacher war, als Nein zu sagen. Jedenfalls zog ich die Jacke an, und sie fühlte sich an, als würde sie zu mir gehören, obwohl sie ein bisschen zu eng war und der Kragen irgendwie seltsam saß.

„Perfekt,“ sagte Marie, als hätte sie das Recht, das zu entscheiden. „Jetzt siehst du fast aus wie jemand, der weiß, was er tut.“

„Danke,“ sagte ich trocken. „Das war schon immer mein Ziel.“


Der Rest des Tages verging in einer Art Unschärfe. Wir tranken Wein auf einer Terrasse mit Blick aufs Meer, und Marie erzählte mir von ihrer Kindheit in einem kleinen Dorf in der Nähe von Bordeaux, von ihrem ersten Kuss hinter einer verfallenen Scheune, von den Nächten, in denen sie mit ihrer besten Freundin durchs Fenster geklettert war, um heimlich auf Feste zu gehen. Ich hörte zu, weil ihre Stimme mich immer dazu brachte, die Welt ein bisschen anders zu sehen – heller, lebendiger, als würde sie sie für mich neu erfinden.

Irgendwann landeten wir wieder in meinem Apartment, und Marie zog das rote Kleid an, das sie gekauft hatte. Es passte ihr perfekt, und sie drehte sich vor dem Spiegel, als wollte sie sicherstellen, dass jedes Detail richtig saß.

„Du siehst aus wie…“ Ich hielt inne, suchte nach den richtigen Worten.

„Wie was?“

„Wie jemand, der alles im Griff hat.“

„Das bin ich auch.“ Sie drehte sich zu mir um, ihr Blick fest, herausfordernd. „Manchmal.“


Die Nacht kam schnell, als würde sie über die Stadt fallen wie ein Tuch. Wir saßen am offenen Fenster, tranken den letzten Rest Wein, und die Luft roch nach salzigem Meer und den Blüten des Jasmins, der irgendwo in der Nähe wuchs. Marie lehnte sich gegen meine Schulter, ihr Haar fiel über meinen Arm, und ihre Finger spielten mit den Knöpfen der Lederjacke, die ich immer noch trug.

„Denkst du manchmal darüber nach, wegzugehen?“ fragte sie plötzlich, ihre Stimme leise, fast ein Flüstern.

„Wegzugehen?“

„Ja. Irgendwohin, wo niemand uns kennt. Wo wir neu anfangen könnten.“

Ich lachte, ein kurzes, trockenes Geräusch. „Ich fange nicht mehr neu an, Marie. Dafür bin ich zu alt.“

„Unsinn.“ Sie hob den Kopf, sah mich an, und in ihrem Blick war etwas, das ich nicht ganz verstehen konnte – Hoffnung, vielleicht, oder Trotz. „Man ist nie zu alt, um neu anzufangen.“

Ich antwortete nicht, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Stattdessen sah ich hinaus in die Nacht, auf die Lichter des Hafens, die sich im Wasser spiegelten, und hörte ihr leises Atmen neben mir. Und für einen Moment fühlte es sich an, als wäre alles möglich.

made by Xbyte jade heilstein einfach schnell gesund kochen einfach schnell gesund vegan Tierkommunikation