As Time Goes By

Sex ist das Thema von Anbeginn bis zum Ende aller Zeiten

Es war einer dieser Nachmittage, an denen die Zeit sich wie eine klebrige, warme Masse durch die Stunden zog. Ich saß am Fenster meines Aartments, das schon lange kein Zuhause mehr war, sondern eher eine Art Zwischenlager für einen Menschen wie mich – zu alt für große Träume, zu jung, um sie endgültig zu begraben. Draußen drang der Lärm der Straße herein, eine Melodie aus hupenden Autos, halbherzigen Vogelstimmen und dem gelegentlichen Kreischen einer Sirene. Der Tee vor mir war längst kalt geworden, aber ich rührte trotzdem hin und wieder mit dem Löffel darin herum, als hinge mein Leben davon ab, die perfekte Mischung zu finden.

Anna hatte gestern angerufen. Natürlich hat sie das. Sie ruft immer an, wenn sie was will. „Du bist doch eh da, oder?“, hatte sie gesagt, und ich hatte nicht mal versucht, das zu leugnen. Ja, ich war da. Wo sonst sollte ich sein? Anna ist der Typ Mensch, der so tut, als ob sie alles im Griff hätte, aber ihre Stimme verrät sie. Da ist immer diese winzige, kaum hörbare Unsicherheit, wenn sie einen Satz beendet. Als ob sie nicht sicher ist, ob sie ihn auch wirklich meint.

„Ich komm später vorbei“, hatte sie gesagt, und ich hatte genickt, obwohl sie das nicht sehen konnte. Es war nicht das erste Mal, dass sie unangekündigt in meinem Chaos auftauchte, das ich als Leben bezeichne, und es würde auch nicht das letzte Mal sein.

Ich nahm einen Schluck von meinem kalten Tee und verzog das Gesicht. Irgendwas war falsch daran. Zu bitter. Oder zu ehrlich.

Anna kam viel später, als sie gesagt hatte. Typisch. Sie warf die Tür hinter sich zu, so wie sie das immer tat, als ob sie damit die ganze Welt aussperren könnte. Ihre Haare waren ein einziges Durcheinander, und sie roch nach Regen, obwohl es nicht geregnet hatte. „Hast du was zu trinken?“, fragte sie, noch bevor sie richtig zur Begrüßung Luft geholt hatte.

„Wasser, Tee, und der Wein, der seit drei Wochen hier rumsteht“, sagte ich. Sie zog eine Grimasse.

„Der Wein. Natürlich.“ Sie ließ sich auf das Sofa fallen, das eher ein trauriger Haufen Kissen war, und schaute mich an, als erwarte sie eine tiefgründige Lebensweisheit. Stattdessen brachte ich ihr den Wein, einen billigen Roten, der beim Öffnen klang, als hätte er selbst keine Lust auf das Leben.

„Und, was gibt’s?“ Ich lehnte mich gegen den Türrahmen und beobachtete sie. Anna hatte die Art von Gesicht, die man ewig anschauen konnte, ohne es leid zu werden. Nicht weil es perfekt war – Gott bewahre. Ihre Nase war ein bisschen zu groß, ihre Augen zu schmal, aber das machte sie interessanter, echter. Sie trank einen Schluck und verzog das Gesicht. „Schmeckt wie Essig“, sagte sie und nahm gleich noch einen Schluck.

„Du rufst nicht einfach so an“, sagte ich schließlich. „Also, was ist los?“

Sie zögerte. Das tat sie nie. Normalerweise sprudelte alles aus ihr heraus, als hätte sie Angst, die Worte könnten in ihrem Hals stecken bleiben, wenn sie zu lange wartete. Aber jetzt – Stille. Nur das Klirren des Glases, als sie es auf den Tisch stellte.

„Ich hab’s vermasselt“, sagte sie schließlich. Ein Satz, der so beiläufig klang, dass ich fast lachen musste. Natürlich hatte sie das. Anna war eine Meisterin darin, Dinge zu vermasseln. Aber diesmal klang es anders. Schwerer.

Wir redeten lange, und irgendwann hörte ich auf, ihre Worte zu zählen. Sie erzählte von einem Typen – natürlich – und von einem Job, den sie fast bekommen hätte. „Fast“ war Annas Lieblingswort. Es war, als hätte sie sich darin eingerichtet, immer knapp daneben zu liegen, wie ein Kind, das beim Spielen nie richtig trifft, aber trotzdem nicht aufhören kann.

Irgendwann war die Flasche leer, und Anna hatte Tränen in den Augen. Ich wollte etwas sagen, etwas, das die Situation irgendwie leichter machen würde, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Also saß ich einfach da und ließ sie reden, ließ sie alles ausspucken, was sie offensichtlich schon viel zu lange mit sich herumtrug.

„Warum bist du überhaupt hier?“, fragte ich schließlich. Nicht böse, nur neugierig. Sie zuckte mit den Schultern, schaute mich an, als wäre ich dümmer, als ich dachte. „Weil du der Einzige bist, der mir zuhört“, sagte sie, und das war es dann. Keine große Erklärung, kein Drama. Nur das.

Als sie irgendwann ging, war die Wohnung seltsam leer, als ob sie alle Luft mitgenommen hätte. Der Wein hinterließ einen Fleck auf dem Tisch, den ich später wegwischen würde, aber nicht jetzt. Jetzt saß ich einfach da und starrte auf die Tür, die sie hinter sich zugezogen hatte.

Es war nichts Neues, dieses Gefühl. Es war fast schon vertraut, wie ein alter Mantel, den man immer wieder überzieht, obwohl er längst Löcher hat. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass diesmal etwas anders war. Vielleicht, weil Anna anders war. Oder ich.

Ich stand auf, spülte das Glas aus, das sie benutzt hatte, und stellte es zurück in den Schrank. Draußen war es inzwischen dunkel geworden, und die Lichter der Stadt warfen flackernde Muster an die Wände. Ich zog die Vorhänge zu und setzte mich wieder ans Fenster, wo die Nacht begann, sich in meine Gedanken zu schleichen.

Manchmal, dachte ich, fühlt sich das Leben an wie ein kalter Tee, den man trotzdem weiter umrührt, obwohl man längst weiß, dass er nicht besser wird.

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