Schweigend durch die Zone

1.
Der Staub klebt. Überall. Naia spuckt aus. Schmeckt nach Metall.
Die Zone hat keinen Namen mehr. Braucht keinen. Ist einfach da. Grau. Tot. Vergessen.
Sie findet das Gerät zwischen Schrott. Blinkt einmal. Wie ein Herzschlag. Dann nichts.
Ihre Finger sind rau. Kalt. Das Ding ist warm. Zu warm.
Vor ihr: Ruinen. Hinter ihr: Nichts.
Sie geht.
2.
Das Gebäude steht noch. Halb. Der Monitor hängt an Kabeln. Schaukelt.
Text flackert: Zugang verweigert.
Sie tippt. Kunststoff bricht unter ihren Fingern.
Dann die Stimme. Weiblich. Verzerrt.
„Naia.“
Sie erstarrt.
Das Foto liegt im Staub. Ein Kind. Blonde Haare. Ihre Augen.
Sie rennt.
3.
Er steht einfach da. Schweigt. Lange Schatten unter den Augen.
Sie zeigt ihm ihren Arm. Das Zeichen. Verblasst.
Er krempelt den Ärmel hoch. Dasselbe Zeichen.
„Du warst dabei“, sagt sie.
Er nickt nicht. Verneint nicht.
Sie gehen zusammen. Schweigend.
4.
Die Stadt ist tot. Keine Namen mehr. Nur Asche.
Kinder im Schulgebäude. Masken vor den Gesichtern. Alte Augen.
Die Frau in Schwarz: „Der Turm nimmt.“
„Was?“
„Alles.“
Sie geben ihnen einen Fetzen Stoff. Eine Route. Eingestickt.
„Geht. Solange ihr wisst, wer ihr seid.“
Draußen regnet es Staub.
5.
Er gibt ihr die Ampulle. Sagt nichts.
Sie trinkt. Bitter. Dann:
Weiße Gänge. Stimmen. Ein Kind, das weint.
„Du warst dort“, flüstert sie.
„Ja.“
Mehr sagt er nicht.
6.
Der Turm ist schwarz. Wächst aus der Erde wie ein Knochen.
Sie legt die Hand in die Öffnung. Schmerz. Kurz. Scharf.
Zugang erkannt.
Drinnen: Räume voller Bilder. Stimmen. Erinnerungen wie Diashows.
Der Stuhl im Zentrum. Kabel darüber.
„Wenn ich mich vergesse…“, beginnt sie.
Er legt die Hand auf ihre Schulter. „Ich erinnere dich.“
Die Krone senkt sich.
7.
Licht. Tief. Kein Ende.
Sie sieht sich selbst. Als Kind. In Käfigen. Mit Drähten.
Dann ihn. Früher. In Weiß. Am Terminal.
Er hatte das System verlassen. Nicht aus Reue. Aus Schuld.
Sirenen. Draußen.
„Geh!“, schreit er.
Sie rennt. Er bleibt.
Licht. Knall. Dann Staub.
8.
Das Archiv versteckt sich. Wie ein U-Boot in der Erde.
Drinnen: Ihr ganzes Leben. Gespeichert. Sortiert.
Versuchsobjekt Z.13.
Und er: Z.07. Abweichler. Verräter.
Er hatte gewartet. Bis sie zurückkam.
9.
Ganz unten: Ein Körper. Schwebend. Ihr Gesicht.
„Du bist das, was blieb.“
Ihre eigene Stimme. Älter.
Sie berührt den Körper. Er zerfällt. Zu Licht.
Zersetzung ist kein Ende. Es ist Wahrheit.
10.
Draußen: Menschen. Echte.
„Du kommst aus der Zone?“
„Ich war die Zone.“
Sie erzählt. Nicht alles. Genug.
Abends zerschlägt sie das Modul. Funken.
Dann schreibt sie.
Ich war nicht, wer ich sein sollte. Deshalb bin ich.
Sie legt das Papier auf einen Stein. Sichtbar.
Morgens geht sie weiter.
Keine Karte. Kein Ziel.
Nur das Licht in ihr.
ENDE