Tagebuch der Unrast

As Time Goes By

Die Stadt der Flüsse

Ich stoße das Boot mit einem langen, rostigen Stock vom Ufer ab und gleite hinaus auf den Kanal. Das Wasser ist eine trübe Suppe aus Schlamm, Plastikmüll und undefinierbaren Bröckchen, die sich bei genauerem Hinsehen als zerfallene Reste von etwas Größerem entpuppen – ein Schuh hier, ein Stück eines Spielzeugs dort. Die Sonne versucht vergeblich, durch den Smog zu dringen, aber selbst ihr Licht wirkt müde, wie ein alter Film, der schon zu oft abgespielt wurde. Weiterlesen

Die Stadt der Totengräber

Ich stehe am Rand der Grube, die wir heute Morgen ausgehoben haben. Der Boden ist trocken und rissig, als würde er selbst nach Wasser schreien, das es nirgendwo mehr gibt. In der Grube liegen die Überreste von drei Menschen – ihre Knochen sind sorgfältig sortiert, die Kleider in Bündel gerollt. Wir werden sie später verwenden. Nichts darf verschwendet werden. Nicht hier. Nicht jetzt. Weiterlesen

Die Stadt der Masken

Ich streiche mit den Fingern über die Oberfläche meiner Maske, spüre die feinen Rillen und Vertiefungen, die sich im Laufe der Zeit in das Material eingegraben haben. Es ist eine zweite Haut geworden, ein Teil von mir, den ich nicht mehr ablegen kann – selbst wenn ich es wollte. Die Maske sitzt eng an meinen Wangenknochen, formt meine Nase neu, verändert die Konturen meines Gesichts, bis ich mich selbst im Spiegel kaum noch erkenne. Weiterlesen

Die wandernde Insel

Ich stehe am Rand unseres schwimmenden Reiches, die nackten Füße auf dem kalten Eis, und starre in das endlose Blau des Meeres. Der Horizont ist leer, bis auf die Sonne, die gnadenlos auf uns herunterbrennt. Sie steht höher am Himmel als je zuvor, ihre Strahlen fressen sich durch die Schichten unseres Eisbergs wie eine Krankheit. Jeden Tag schrumpft unsere Welt ein Stückchen ... Weiterlesen

Das letzte Krankenhaus

Die Flamme der Kerze flackert, als ich die rostige Pinzette über die Wunde halte. Der Patient stöhnt leise, sein Gesicht ist schweißnass von dem selbstgebrannten Alkohol, den wir ihm vorhin eingeflößt haben. Es ist nicht genug, um den Schmerz völlig zu betäuben, aber mehr haben wir nicht Weiterlesen

Die Stadt der Kinder

Ich ducke mich tiefer in den Schatten eines umgestürzten Kiosks, während das Echo ihrer Schritte durch die verfallenen Straßen hallt. Sie sind überall – die Kinderkönige der Stadt, mit ihren selbstgebauten Waffen und harten Augen, die zu alt für ihre Gesichter wirken. In ihren Händen halten sie Rohre, Messer, Molotowcocktails und manchmal sogar richtige Schusswaffen, wie die Schrotflinte des Mädchens, das gerade an mir vorbeigeht. Weiterlesen

Die Salzwüste

Ich sitze auf der Veranda unseres Salzhauses und beobachte, wie der Mond über dem ausgetrockneten Meer aufgeht. Sein Licht verwandelt die weiße Weite in ein glühendes Meer aus Kristallen. Die Luft ist schwer von Stille, nur unterbrochen vom gelegentlichen Knistern der Salzsteine, die sich im Nachtwind verformen. Es ist eine Schönheit, die gleichzeitig tröstlich und bedrohlich wirkt – wie ein Versprechen, das man nicht halten kann. Weiterlesen

Die Stadt der Vögel

Ich ziehe das Netz fester über mein Gesicht, als ich die Treppe des alten Hochhauses hinuntersteige. Die Krähen sind bereits wach, ihre Schreie hallen durch die zerfallenen Straßen der Stadt wie ein unheimliches Morgenlied. Ihre schwarzen Leiber bedecken jeden Zentimeter der Stadt – auf den Dächern, den zerbrochenen Fenstern, den verrosteten Klimaanlagen, die wie tote Metallkadaver an den Hauswänden hängen. Weiterlesen

Der Wald der Stimmen

Die Bäume um mich herum flüstern, als ich durch das dichte Unterholz stolpere. Ihre Äste biegen sich wie tastende Finger, obwohl kein Wind weht. Die Stimmen sind leise, kaum mehr als ein Wispern, aber sie sind überall – in den Blättern, im Rascheln des trockenen Laubs unter meinen Füßen, selbst in der feuchten Luft, die ich atme. Weiterlesen

Die Stadt ohne Namen

Ich gehe durch Straßen, die sich wie ein Labyrinth um mich winden, als wüssten sie selbst nicht mehr, wohin sie führen. Die Laternen stehen wie stumme Wächter an den Ecken, ihre Glühbirnen summen leise, aber kein Licht dringt aus ihnen hervor. Es ist, als würde die Dunkelheit selbst sie verschlucken, bevor sie entweichen kann. Manchmal strecke ich die Hand aus und berühre das kalte Metall eines Laternenpfostens, nur um sicherzugehen, dass er wirklich da ist – dass ich wirklich hier bin. Weiterlesen
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