As Time Goes By

Epilog

Die Luft roch nach Salz und Seetang. Der Wind hatte das Meer aufgewühlt, und die Wellen klatschten mit einer fast beleidigenden Gleichmäßigkeit gegen die Felsen. Ich stand auf der kleinen Terrasse des Hauses, in dem wir den letzten Sommer verbracht hatten, und versuchte zu rauchen. Der Wind war gegen mich, wie alles andere auch. Der erste Zug verpuffte, der zweite schmeckte nach Asche. Ich drückte die Zigarette aus und trat zurück ins Haus.

Marie war weg. Das hatte sich irgendwie angebahnt, wie eine langsame Flut, die erst die Füße umspielt, dann die Knöchel, und irgendwann merkt man, dass man nicht mehr steht, sondern schwimmt. Es hatte so kommen müssen, dachte ich. Alles hatte keine Zukunft. Aber warum fühlte sich das wie eine Ausrede an?

Der Tisch war leer. Nur ihr Schlüssel lag noch dort, neben einem Glas, in dem sich ein paar Schlieren Rotwein gegen das Licht schoben. Sie hatte nicht viel mitgenommen. Ein paar Klamotten, ihre Bücher, die kleine Holzfigur, die sie mal in der Bretagne auf einem Flohmarkt gefunden hatte. Der Rest blieb. Ich wusste nicht, ob das ein Trost war oder eine Erinnerung daran, dass ich der war, der zurückblieb.

„Und, bleibst du?“ fragte Jean, als ich später in der Bar auftauchte. Er war wie immer hinter dem Tresen, seine Zigarette hing halb vergessen in einem Aschenbecher, während er die Gläser spülte.

Ich zuckte mit den Schultern. „Vielleicht. Keine Ahnung.“ Die Wahrheit war, dass ich keine Pläne hatte. Das Haus gehörte nicht mal mir. Es war Jeans Idee es Marie und mir zur Verfügung zu stellen. Jetzt war ich der, der blieb.

„Die Stadt ist nichts für dich,“ sagte Jean, während er mir ein Bier hinstellte. „Du gehörst ans Meer.“

„Das ist romantischer Quatsch,“ erwiderte ich, nahm aber einen großen Schluck. Er hatte recht. Vielleicht. Aber das zuzugeben fühlte sich nach einer Kapitulation an, und davon hatte ich in letzter Zeit genug.

Jean zuckte mit den Schultern. „Romantik verkauft sich hier besser als Ehrlichkeit.“

Später, zurück im Haus, starrte ich die Decke an. Es war seltsam still. Nicht, dass Marie laut gewesen wäre – sie war mehr so jemand, der im Hintergrund vibrierte, wie ein altes Telefon, das nie ganz ausgeschaltet wurde. Aber jetzt war sie weg, und das Haus fühlte sich an wie eine Muschel, die man ans Ohr hält. Nichts als ein hohles Rauschen.

Ich machte Licht an und setzte mich an den Tisch. Der Schlüssel lag immer noch da, schwer und kalt, obwohl er winzig war. Ich spielte damit, ließ ihn zwischen meinen Fingern kreisen, wie ich es oft mit ihrer Hand gemacht hatte. Die Erinnerungen kamen wie ein schlecht geschnittener Film. Marie, die barfuß durch die Küche tanzt, während sie Kaffee macht. Marie, wie sie die Vorhänge aufreißt und sagt, dass der Tag zu schade ist, um verschwendet zu werden. Marie, wie sie am Ende immer ein bisschen länger bleibt, als sie sollte – bis sie nicht mehr blieb.

Ich wusste, dass ich hier nicht ewig sitzen konnte, aber die Frage war: Wohin? Paris war keine Option, jedenfalls nicht mehr. Zu viele Menschen, zu viel Lärm, zu viele Erinnerungen an Dinge, die nicht mehr passten. Für immer in der Bretagne? Der Gedanke hatte etwas Beruhigendes, aber auch etwas Endgültiges. Wie ein Rückzug.

Ich schaute aus dem Fenster. Das Meer war immer noch da. Es spielte keine Rolle, ob ich blieb oder ging – es würde weiter seine Wellen gegen die Felsen schlagen, weiter Salz in die Luft werfen, weiter existieren, unabhängig von meinen kleinen Dramen.

Am nächsten Morgen war der Wind stärker. Ich ging den Pfad hinunter zum Strand, der Hund lief mir hinterher.

Am Strand waren ein paar Möwen, und der Geruch von Tang war intensiver. Ich setzte mich auf einen Felsen und zog die Schuhe aus. Der Sand war kalt. Das Wasser kam langsam näher, und ich ließ es zu. Es war seltsam beruhigend, das Gefühl von Kälte, das sich in die Haut fraß. Es erinnerte mich daran, dass ich hier war. Dass ich noch da war.

Der Hund setzte sich neben mich. Sein Fell war salzig und ein bisschen klebrig, aber er lehnte sich an mich, als würde er etwas verstehen, dass ich selbst noch nicht begriffen hatte.

Jean hatte mir gesagt, dass Marie mit jemand anderem unterwegs war. Nicht, weil er mich ärgern wollte, sondern weil er dachte, ich müsste es wissen. Aber was bringt Wissen, wenn man nichts damit anfangen kann? Vielleicht war sie glücklich. Vielleicht auch nicht. Es war nicht mehr meine Sache. Trotzdem war da dieses Loch, das sie hinterlassen hatte. Nicht groß, aber tief.

Ich stand auf und ging zurück zum Haus. Der Hund folgte mir, ohne zu fragen.

Das Haus war leer. Und irgendwie war ich es auch. Aber vielleicht war das okay. Vielleicht musste man leer werden, bevor man etwas Neues füllen konnte. Ich schloss die Tür, ließ den Schlüssel auf den Tisch fallen und wusste, dass ich irgendwann gehen würde. Nur nicht heute. Heute gehörte mir.

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