As Time Goes By

Der Klang des Zerfalls

Die Stadt war ein gieriges Tier, schwer atmend unter der Last ihrer eigenen Abfälle, während der Regen – säuerlich wie verdorbener Wein – auf die zerfurchten Betonwangen der Hochhäuser prasselte. Ich stand, nein, ich kauerte, unter einer halb zerfetzten Markise, deren zerbröckelte Farben wie die Erinnerung an eine verlorene Jugend wirkten, und starrte auf das Flimmern der Neonlichter, die in den Pfützen zuckten wie sterbende Insekten. Es roch nach verbranntem Plastik und alter Angst, eine Mischung, die sich seit Wochen nicht aus meiner Nase vertreiben ließ. Die Luft war dick und elektrisch, als ob ein Orkan kurz vor seiner Geburt stünde, doch stattdessen kam nur der müde Schleier einer weiteren Nacht.

Meine Hände zitterten. Das war neu. Oder vielleicht nicht? Ich erinnere mich nicht. Sie zitterten, weil ich mich gezwungen hatte, diese „Wirklichkeit“ – was für ein Scherz – zu berühren. Mein Handy lag in meiner Hand wie ein Fremdkörper, eine glänzende Karikatur von Verbindung. Nachrichten: Black Friday Madness; Des zehn besten veganen Junk-Foods des Jahres; Apokalypse in Echtzeit – klicken Sie hier für Livestream. Die Uhr tickte. Plötzlich blieb sie stehen.

Die Leute um mich herum waren Schatten, kaum realer als die Reflexionen der Lichter in den öligen Wasserlachen. Sie schoben sich durch die Straßen, Köpfe gesenkt, Gesichter leuchtend in kaltem, blauem Glanz – das kollektive Gebet an das allwissende Glas ihrer Smartphones. Und in diesem Moment überkam mich eine absurde Erkenntnis: Sie trugen alle die gleiche Brille. Schwarze Rahmen, Spiegelgläser, Ray Ban. Es war wie ein geheimes Symbol, ein Kodex, der mir entging. Oder hatte ich es einfach nicht verstanden? War ich der einzige ohne diese Tarnung?

Ich zwang mich, wegzuschauen. Weg von den Augen, die keine waren, weg von den Reflexionen, die immerzu zurückstarrten. Mein Blick fand Halt an einer zerfallenen Plakatwand. Die abblätternde Werbung versprach „Zukunft. Freiheit. Glück.“ in schreiendem Rot, doch das Wort „Freiheit“ war überklebt mit einem billig gesprühten „LOL“, und ehrlich gesagt, fühlte sich das passender an.

Eine Frau, kaum älter als ich, kroch durch die Trümmer einer Bushaltestelle, ihr Gesicht eine Maske aus Schmutz und Traurigkeit. Sie hielt eine Plastiktüte mit zerrissenen Griffen, darin eine Ansammlung von… was? Erinnerungen? Müll? Hoffnung? Plötzlich hob sie den Kopf und starrte mich an, direkt, durch mich hindurch. Ihre Lippen bewegten sich, formten ein Wort, das ich nicht verstand. Oder hatte sie gar nichts gesagt?

Die Straßenlaternen flackerten und gingen aus. Dunkelheit kroch wie eine Welle über die Stadt, doch niemand reagierte. Die Ray-Ban-Horde marschierte weiter, im Takt eines unsichtbaren, unerbittlichen Metronoms. War das der Moment, in dem ich mich hätte bewegen sollen? Irgendetwas tun? Aber was tut man, wenn die Zeit stillsteht und man selbst nicht mehr Teil davon ist?

Es war, als säße ich in einer endlosen Lawine, einer Spirale aus Eis und Schutt, die mich erdrückte und zugleich in alle Richtungen zerstreute. Alles wurde gleichzeitig langsamer und schneller, ein Chaos aus Nicht-Bewegung. Und dann: ein Klang, hoch, schrill, unangenehm real. Ein Telefon klingelte. Mein eigenes. Natürlich.

„Hallo?“ Meine Stimme klang wie ein Echo aus einer anderen Welt. „Ja, ich bin noch hier. Wo auch immer das ist.“

Die Stimme am anderen Ende sprach nicht. Oder vielleicht sprach sie, aber ich konnte die Worte nicht entziffern. Sie kamen in Wellen, wie der Wind, der durch die zerbrochenen Fenster pfiff. Es war nicht wichtig. Nichts davon war wichtig. Ich legte auf.

Die Dunkelheit drückte. Oder zog. Oder beides. Ich schloss die Augen. Vielleicht würde ich verschwinden, wenn ich lange genug wartete. Vielleicht war ich schon verschwunden, und dies hier – die brennende Sorge, der Verfall, die trostlose Symphonie aus Fäulnis und Zersetzung – war alles, was von mir blieb.

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