Im Anfang war kein Licht. Nur der salzige Geschmack von Asche und das Dröhnen, ein unaufhörliches, markerschütterndes Dröhnen, das aus den Tiefen der Erde zu kommen schien. Oder aus den Wolken. Vielleicht war es das Herz des Sturms selbst, ein pulsierender Rhythmus, der uns gefangen hielt, wie Insekten in einer glühenden Flamme.

Die Insel, die man Iwo Jima nannte, war längst kein Ort mehr. Sie war ein Zustand. Ein Labyrinth aus schwarzer Lava, aufgeworfen wie die Rippen eines urzeitlichen Wesens, das unter den Wellen gestorben war. Der Sturm hatte alles verschlungen – Himmel, Meer, Verstand. Wir waren verloren.

Ich erinnere mich an die Flagge, die wir einmal hissten, als ob sie mehr gewesen wäre als Stoff und Stangen. Ein Mythos, eingefangen im Wind, der jetzt wie ein hämisches Echo in den Ruinen nachhallte. „Wir haben verloren,“ flüsterte jemand, oder vielleicht war es nur die Stimme in meinem Kopf, die zu sprechen begann, während der Sturm in mir wütete.

Der Abstieg

Wir hatten nicht nur den Boden unter den Füßen verloren – die Gewissheit, dass es einen festen Grund gab, der uns trug – sondern auch das Oben und Unten, dass vorher und nachher. Der Himmel stürzte immer wieder in das Meer, und das Meer spie uns immer wieder zurück auf diese unheilige Erde. Wasser, überall Wasser, doch es brannte wie Säure auf der Haut.

„Siehst du sie?“ fragte Harada, während er mit glasigen Augen auf die Brandung starrte. Ich wusste nicht, wer er war, wen er meinte, oder was. Engel, sagte ich mir später, als seine Worte noch in mir hallten. Oder Dämonen. Vielleicht war das ein und dasselbe hier.

Die Gestalten, die durch den Sturm taumelten, waren keine Männer mehr. Schatten von Leben, wie bröckelnde Figuren aus Sand, von Wind und Gischt zerfressen. Die Gesichter der Kameraden hatten sich in Masken verwandelt, groteske Grimassen, die nichts Menschliches mehr verrieten.

Das Herz des Sturms

Es begann leise, fast zärtlich, wie ein Atemzug in der Stille vor dem Donner. Ein Flüstern, das durch die verwüstete Landschaft glitt, während wir in den Gräben lagen, die Schaufeln noch in den blutigen Händen. Die Stimme war keine, sie war ein Gefühl, ein Klingen am Rande des Bewusstseins.

„Er wird kommen,“ sagte Harada wieder. Diesmal sprach er es aus, doch seine Lippen bewegten sich nicht. Ich wusste, er meinte den Engel, oder was auch immer er sah, wenn er in den Himmel starrte, der keiner war.

Der Sturm schien sich um uns zu schließen, wie ein lebendiges Wesen. Das Wasser tobte, stieg, fiel. Es suchte uns, drängte uns, fraß uns. Und in der Ferne, durch die Dunkelheit hindurch, glaubte ich Flügel zu sehen – gewaltige, schattenhafte Flügel, die aus Licht bestanden oder aus etwas, das nur wie Licht aussah.

Die Verdammnis

Die Schreie waren das Schlimmste. Nicht die Explosionen, nicht die Gewehrsalven, nicht das unausweichliche Pfeifen der Granaten. Es waren die Schreie, die aus uns selbst kamen, die aus der Erde und dem Himmel und dem Meer zu uns zurückkehrten. Sie klangen, als würde die Welt selbst in Stücke gerissen, immer wieder, endlos.

Ich weiß nicht, wie lange wir dort waren. Stunden? Tage? Zeit hatte hier keine Bedeutung mehr. Jeder Schritt war ein Ringen gegen das Nichts, das uns verschlingen wollte. Jeder Atemzug schmeckte nach Schwefel, nach Metall, nach der unausgesprochenen Gewissheit, dass nichts jemals besser werden würde.

Harada verschwand in der Nacht, oder im Sturm, was dasselbe war. Ich suchte ihn nicht. Keiner suchte hier jemanden. Wir waren alle allein, auch wenn wir Schulter an Schulter lagen.

Der Engel

Am letzten Tag, oder was ich für den Letzten hielt, erschien er. Groß und furchtbar, mit Augen, die nicht sahen, sondern verbrannten. Er trug keine Trompete und keine Harfe, nur ein Schwert, das aus Sturm gemacht war, oder vielleicht war er selbst das Schwert.

Er sprach nicht. Er war ein Klang, ein Donnern, das durch die Knochen fuhr. Sein Blick war keine Rettung. Er war ein Urteil, unausweichlich und endgültig.

„Wir haben verloren,“ flüsterte ich, und diesmal war es meine eigene Stimme.

Das Ende

Es gibt keinen Morgen auf Iwo Jima. Es gibt nur den Sturm, der ewig währt. Die Engel kommen und gehen, flügellos, gnadenlos. Die Wasser steigen, die Erde bebt, und wir sinken immer tiefer, bis nichts mehr bleibt als das Flüstern des Windes, der von Vergessen spricht.

Und doch, inmitten des Chaos, bleibt ein Rest. Ein Echo, ein Funke, der sich nicht löschen lässt. Vielleicht ist es Hoffnung, oder Wahnsinn, oder etwas, das ich nicht benennen kann.

Ich sehe die Flagge wieder, flatternd im Sturm, ein zerrissenes Stück Stoff, das dennoch nicht aufgibt. Vielleicht sind wir verloren, denke ich, aber nicht vergessen.