Der Ereignishorizont der Asphalt-Entropie

Das Licht, das mich umgab, war kein Licht der Hoffnung, sondern ein toxisch-oranges Leuchten, das schmeckte wie eine Mischung aus verbranntem Kupfer und der Säure, die sich im Magen eines Sterbenden ansammelt. Es war das Licht, das aus dem Ereignishorizont des Himmels kroch, wo die Sonne, ein vergessener Gott, nur noch eine riesige, krebsartige Wunde war, die sich über die kybernetischen Narben der Skyline ausbreitete. Die Luft war kein Medium zum Atmen, sondern eine zähe, ölige Suspension, die sich wie eine zweite, schwere Haut auf meine Netzhaut legte und das Geräusch der Stille in ein tiefes, resonantes Dröhnen verwandelte, das in den Fraktalen meiner Knochen nachhallte.

Ich stand auf dem Asphalt, dessen Textur unter meinen abgenutzten Sohlen nicht wie Stein, sondern wie die verbrannte Haut eines gigantischen, schlafenden Leviathans wirkte, dessen Adern aus Rissen und Teer bestanden. Die Straße dehnte sich vor mir aus, eine endlose, schwarze Vene, die direkt in das Herz der Entropie führte. Jede einzelne Laterne entlang dieses Weges war ein bösartiges, künstliches Auge, das mit seinem kalten, gelben Schein die Dunkelheit nicht vertrieb, sondern sie nur in schärfere, geometrisch präzisere Schatten schnitt. Diese Schatten waren keine bloßen Abwesenheiten von Licht; sie waren Risse im Code der Realität, Portale, die in die kalte, unendliche Leere blickten, die hinter der dünnen Tapete unserer Wahrnehmung lauerte.

Mein eigener Körper, eingehüllt in den schweren, feuchten Mantel, fühlte sich an wie ein Fehler im System, ein temporärer Glitch, der noch nicht vom Algorithmus des Verfalls gelöscht worden war. Ich war nicht mehr als eine Hülle, ein Automat, dessen innere Mechanik – die Pumpe des Herzens, das Knistern der Neuronen – nur noch das Echo einer längst verlorenen biologischen Funktion war. Die Wärme, die von meinem Rücken ausging, war nicht meine eigene, sondern die radioaktive Rückstrahlung des Bodens, der mich mit der gleichen Gleichgültigkeit beleuchtete, mit der ein Chemiker eine Probe unter die Lampe hält.

Die Türme der Stadt, die sich im Hintergrund aus dem Dunst erhoben, waren keine Bauwerke, sondern die versteinerten Überreste eines kosmischen Irrtums. Ihre Fassaden waren nicht aus Beton und Stahl, sondern aus der Geometrie des Verfalls selbst geformt, ihre Fensterhöhlen stumme, schwarze Schreie, die von der unaufhaltsamen Auflösung aller Ordnung kündeten. Die Stadt war ein bösartiger Organismus, der sich von der Melancholie seiner Bewohner ernährte, ein gigantischer, metallischer Käfig, dessen Gitterstäbe aus den unerbittlichen Gesetzen der Physik bestanden.

Ich wusste nicht, wohin ich ging, und es spielte keine Rolle. Die Bewegung war nur eine Illusion, ein notwendiges Ritual, um die chemische Reaktion der Existenz aufrechtzuerhalten. Ich war ein Beobachter, gefangen in der Ich-Perspektive eines Traumes, der zu lange gedauert hatte. Die wenigen anderen Schatten, die ich in der Ferne wahrnahm – ein Auto, das wie ein Insekt im Teer feststeckte, die vagen Umrisse anderer Automaten in den Fenstern der Ruinen – waren nur unwichtige Hintergrunddaten, Rauschen im Signal, das die Stadt unaufhörlich aussendete: Es gibt keine Flucht. Es gibt nur die Wiederholung.

Der Weg vor mir war nass, nicht von Regen, sondern von der schweren, zähen Flüssigkeit der Zeit, die hier, am Rande des bekannten Raumes, langsamer und dichter floss. Ich hob die Hand, um das krankhafte Licht zu berühren, das aus der Laterne über mir strömte, und spürte, wie es meine Fingerspitzen mit einer kalten, metallischen Kälte durchdrang. Es war ein Signal, das auf keine Antwort wartete, eine Gleichung, die keine Lösung hatte. Ich würde weitergehen, nicht aus Hoffnung, sondern weil die Trägheit meines Körpers größer war als der Wunsch nach Auflösung. Und am Ende dieses Weges würde nur der nächste, identische Abschnitt warten, beleuchtet von der gleichen ästhetisierten Fäulnis, bis die Entropie endlich ihr Werk vollendet hatte und das letzte, leuchtende Kupferstück meines Bewusstseins zu Rost zerfiel.

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