As Time Goes By

Das Tor der Seelen

Es war ein Tor, und doch war es mehr. Ein gewaltiges Gebilde, das sich nicht in die Dimensionen einer gewöhnlichen Tür fügen ließ. Seine Riegel aus rostigem Eisen flackerten, als seien sie aus Schatten geschmiedet, und die feine, mit Moos überzogene Oberfläche schimmerte wie die abgenutzte Haut eines alten, vergessenen Tieres. Das Tor stand weit offen – wie ein Maul, das den Hauch einer längst verstummten Wahrheit in die Welt entließ, wie ein Fenster, das den Blick auf ein weit entferntes, unsichtbares Land freigab. Und wer hindurch trat, würde nicht nur den Raum, sondern auch die Zeit hinter sich lassen.

Ich stand davor, unfähig, mich zu bewegen. Die Luft war dicker, schwerer hier. Sie war voll von etwas, das ich nicht benennen konnte, aber das mich gleichzeitig erdrückte und verlockte. Jemand – oder war es etwas? – hatte mir gesagt, dass ich das Tor betreten müsste. Doch wie konnte man etwas betreten, das die Grenzen des Verständnisses auflöste? Wie konnte man durch etwas gehen, das keine Richtung hatte?

„Du musst etwas verlieren“, flüsterte eine Stimme, die weder von einem Mund noch aus einem Körper zu kommen schien. Sie war wie der Klang einer Erinnerung, die nicht mehr ganz in der Gegenwart war. „Nur wenn du etwas von dir selbst gibst, wirst du es betreten können. Nur wenn du dich verlierst, wirst du jenseits dessen finden, was du je gekannt hast.“

Der Wind wehte durch das Tor und trug den Geruch von Asche und längst Verblasstem mit sich. Ich trat näher, unsicher, und doch trieb mich eine unbekannte, innere Notwendigkeit. Meine Schritte, die das Poltern des Metalls auf dem Boden erweckten, hallten laut in der leeren, trägen Atmosphäre. Was musste ich verlieren? Was war von mir, das so sehr mein war, dass es den Übergang verlangte?

„Dein Name“, sagte die Stimme, „dein Name ist zu schwer. Dein Name ist ein Faden, der dich hier festhält. Und du musst ihn loslassen, um zu sehen.“

Der Gedanke stach wie ein kaltes Messer in mein Herz. Mein Name? Doch was war ein Name, wenn nicht das letzte Relikt einer Identität, die von der Welt errichtet worden war, um mich zu halten, mich zu definieren? Wer wäre ich ohne ihn? Ein Wurm im Staub der Vergessenheit, eine Blase im Wind?

Aber die Stimme… Sie war nicht freundlich, nicht beruhigend. Sie war dringlich, wie das Pfeifen eines Unwetters, das einen Sturm ankündigt, der längst überfällig war. Und so setzte ich einen Schritt nach dem anderen, zögerlich, doch gezwungen. Der Boden unter mir verwandelte sich, als ich dem Tor näher kam. Die festen Steine begannen, sich in Schlamm zu verwandeln, und der Geruch von Erde und Fäulnis wurde stärker.

„Was wirst du opfern?“, fragte die Stimme.

Es war keine Frage, die mit Worten zu beantworten war. Die Antwort lag im Raum selbst, in dem Druck, der mich immer weiter in die Dunkelheit zog, in den Hohlraum, der sich zu einer Leere verwandelte, in der alles zu verschwimmen begann.

Meine Finger krallten sich in die dunklen Riegel des Torrahmens, der mich zu erdrücken schien, während der Raum sich verbog, die Zeit sich zersplitterte. Es war nicht nur der Name, es war mehr – ich konnte es fühlen. Etwas, das tief in mir vergraben lag, musste sich lösen, musste sich von mir befreien, wie ein Festhalten an einer alten Wunde, die nicht heilen wollte.

Und da, mit einem Ruck, als ob das Tor selbst mein Zögern verachtete, öffnete sich der Raum um mich, und ich spürte, wie etwas in mir, wie ein schwerer, unsichtbarer Felsen, in die Tiefe stürzte. Etwas hatte ich losgelassen, ohne zu wissen, was es war. Und doch war es nicht mehr wichtig. Ich war jetzt leer. Ich war jetzt nicht mehr – oder war ich endlich alles? Mein Körper, meine Gedanken, alle Teile, die mich ausmachten, zerrannen zu einem Punkt, der sich immer weiter dehnte.

„Nun geh“, sprach die Stimme, und diese Worte klangen nicht mehr wie eine Aufforderung, sondern wie ein Urteil. Es war der Klang eines Weges, der sich vor mir öffnete, ein Weg aus nichts, ein Weg in etwas, das niemals gedacht, niemals erträumt worden war.

Ich trat hindurch.

Ein unbestimmbares Gefühl durchzuckte mich – weder Freude noch Angst, sondern die Stille eines Vergessens. Es war, als ob ich in ein anderes Zeitalter trat, oder vielleicht in keines. Die Welt, die sich vor mir ausbreitete, war eine Mischung aus Altem und Neuem, aus zerfallenen Ruinen und glühenden Sternen. Die Luft war warm und kühl zugleich, die Farben verschwammen und kehrten sich um, um sich dann in neuen Formen zu verbinden.

Und dann sah ich sie – die anderen, die, die bereits gegangen waren. Sie standen vor mir, ihre Gesichter verzerrt, ausdruckslos. Ihre Augen, leer und voller Wissen zugleich, starrten durch mich hindurch. Ich kannte sie. Oder hatte ich sie nur gekannt? Ihre Körper verschwammen, ihre Konturen waren nicht mehr von Bedeutung. Was sie verloren hatten, war in den Raum übergegangen, in den flimmernden Nebel, der sich um uns wölbte.

„Was haben wir verloren?“, flüsterte ich, und meine Stimme war seltsam hohl, als ob sie nicht mehr zu mir gehörte.

Die Antwort war wie ein Rauschen in der Ferne, als ob der Wind die Worte mit sich nahm. „Alles, was du geglaubt hast, dass du bist, ist ein Schatten dessen, was du noch werden kannst. Der Verlust ist der Schlüssel. Der Verlust ist das Tor.“

Und so blieb ich stehen, ein Teil der Welt, die jenseits des Tors lag, ein Teil von etwas, das sich nie vollständig begreifen ließ. Ein Teil von allem und doch von nichts – und doch immer auf der Suche nach dem, was niemals vollständig gefunden werden konnte.

Der Raum um mich war still. Aber nicht leer. Immer noch nicht leer.

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