As Time Goes By

Die Stadt der Pilger

Der Sand brennt unter meinen Füßen, selbst durch die dicken Sohlen meiner abgenutzten Schuhe. Die Sonne steht hoch am Himmel, ein gnadenloser Feuerball, der uns mit jedem Schritt weiter austrocknet. Vor mir erstreckt sich die endlose Wüste, eine gelbe, leblose Weite, die sich bis zum Horizont zieht. Und dort, in der Ferne, ragt er auf: der Berg. Seine schroffen Gipfel sind in Dunst gehüllt, als würde er sich vor uns verstecken. Sie sagen, dass dort oben die letzte saubere Luft ist. Dass man dort atmen kann, ohne zu ersticken. Aber ich weiß es besser. Der Berg ist kein Ort des Lebens. Er ist ein Ort des Todes.

Ich halte inne und sehe nach unten. In meinen Armen liegen die Reste eines alten Mannes, den wir heute Morgen gefunden haben. Sein Name war Elias, aber jetzt ist er nur noch Gewicht, das ich trage. Seine Augen waren noch offen, als wir ihn erreichten, sein Mund bewegte sich, als wollte er noch ein letztes Wort sagen. Doch bevor er sprechen konnte, brach er zusammen, wie alle anderen auch.

„Warum tust du das?“, fragt eine Stimme hinter mir. Es ist Nara, ein junges Mädchen, dessen Gesicht von der Hitze gerötet ist. Ihre Lippen sind aufgesprungen, ihre Augen glänzen fiebrig. „Warum trägst du sie mit?“

„Weil sie es verdient, haben“, antworte ich, ohne mich umzudrehen. „Sie haben so lange gekämpft. Sie sollten den Gipfel sehen.“

Nara schweigt einen Moment, dann sagt sie: „Aber sie sind tot. Sie werden es nie sehen.“

Ich antworte nicht. Was soll ich sagen? Sie hat recht. Sie werden es nie sehen. Aber ich kann sie nicht zurücklassen. Nicht hier, in dieser endlosen Wüste, wo der Wind ihre Knochen davonträgt wie Staub.

Wir gehen weiter, unsere Schritte schwer und langsam. Der Berg scheint näher zu kommen, aber ich weiß, dass es eine Illusion ist. Je länger wir gehen, desto weiter entfernt er sich. Manchmal frage ich mich, ob er überhaupt existiert oder ob er nur eine Geschichte ist, die wir uns erzählen, um weiterzumachen.

Dann höre ich es – ein leises Knacken, gefolgt von einem dumpfen Aufprall. Ich drehe mich um und sehe, dass Nara auf die Knie gefallen ist. Ihre Hände graben sich in den Sand, als würde sie versuchen, sich festzuhalten.

„Nein“, flüstert sie. „Noch nicht…“

Ich lasse die Knochen fallen und renne zu ihr, aber es ist zu spät. Ihre Augen sind bereits glasig, ihr Atem flach. Sie sieht mich an, ihre Lippen bewegen sich, aber kein Laut kommt heraus. Dann kippt sie zur Seite und bleibt reglos liegen.

Ich knie neben ihr, meine Hände zittern. Ich will etwas sagen, irgendetwas, aber die Worte bleiben in meiner Kehle stecken. Stattdessen greife ich nach ihren Handgelenken, beginne, ihre Haut von den Knochen zu lösen. Es ist eine widerliche, grausame Arbeit, aber ich habe keine Wahl. Sie muss den Gipfel sehen. Sie alle müssen ihn sehen.

Als ich fertig bin, stehe ich auf und sehe mich um. Die Wüste ist leer, bis auf den Berg und die Leichen, die überall verstreut liegen. Einige von ihnen sind schon skelettiert, andere noch halb verwest. Der Wind trägt den Gestank von Verfall mit sich, aber ich atme ihn ein, weil es nichts anderes gibt.

Ich nehme die Knochen auf – Naras, Elias’, all die anderen – und gehe weiter. Meine Arme schmerzen, meine Beine fühlen sich an wie Blei, aber ich bleibe in Bewegung. Wenn ich stehen bleibe, werde ich sterben. Und ich darf nicht sterben. Noch nicht.

Der Berg wird größer, je näher ich komme. Seine Felsen sind schwarz und scharfkantig, als wären sie aus Obsidian gemeißelt. Der Wind heult um seine Flanken, ein schriller Ton, der in meinen Ohren schmerzt. Ich sehe nach oben und frage mich, wie weit es noch ist. Wie viele Schritte es braucht, bis ich endlich die saubere Luft atmen kann.

Dann höre ich es wieder – das Knacken. Diesmal kommt es von mir. Mein linker Fuß gibt nach, und ich stürze zu Boden. Der Schmerz schießt durch mein Bein, aber ich zwinge mich, weiterzukriechen. Die Knochen fallen aus meinen Armen, rollen über den Sand.

„Nein“, murmle ich und strecke die Hand nach ihnen aus. „Ihr müsst weiter…“

Aber meine Finger berühren nur den heißen Sand. Meine Kraft lässt nach, meine Sicht verschwimmt. Ich sehe den Berg, der immer noch so fern ist, und spüre, wie die Dunkelheit mich einhüllt.

Dann höre ich eine Stimme, tief und vibrierend, die aus dem Berg selbst zu kommen scheint.

„Du hast es geschafft“, sagt sie. „Du hast sie hergebracht.“

Ich öffne die Augen und sehe, dass der Berg näher ist, als ich dachte. Seine Spitze ragt direkt über mir auf, und die Luft ist kühl und klar. Ich atme ein, und es fühlt sich an wie das erste Mal.

„Aber…“, flüstere ich, während mein Körper schwer wird. „Ich sehe es nicht…“

„Du musstest es nicht sehen“, antwortet die Stimme. „Du musstest nur daran glauben.“

Dann verschwindet die Welt, und ich bin nichts weiter als ein Haufen Knochen, der darauf wartet, vom Wind davongetragen zu werden.

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