As Time Goes By

Der Puls der Stadt, ein geflüsterter Abgesang

Die Luft schmeckte nach Rost, ein metallisches Flirren auf der Zunge, das mit jedem Atemzug tiefer kroch – in die Lungen, ins Blut, bis ins Hirn, wo es sickernd die letzten hellen Gedanken verfärbte. Ich stand an der Kante der Welt, oder besser: einer ihrer Ecken – eine schartige, graubraune Kreuzung irgendwo in den verkohlten Adern dieser Stadt, die sich nicht mehr recht entscheiden konnte, ob sie noch lebte oder bereits zu Staub zerfiel.

Unter mir das zerfaserte Pflaster, durchzogen von Adern aus öligen Pfützen, in denen die Reflexionen der Leuchtreklamen zuckten, wie sterbende Fische auf trockenem Boden. Über mir ein Himmel, der nicht mehr als solcher erkennbar war – eine geschichtete Masse aus Lichtverschmutzung, Abgasen und, vielleicht, der Hoffnungslosigkeit von Millionen, die an einem unsichtbaren Haken baumelte. Es war Nacht, ja, aber hier bedeutete das nichts. Der Tag unterschied sich nicht wirklich, abgesehen von einer dumpferen, schaleren Grautönung.

Ich zog an meiner Zigarette, deren Glut wie ein Signal in der Dunkelheit wirkte – aber für wen? Ein Raumschiff, das nie landen würde, ein Retter, der längst vergessen hatte, wie er Rettung buchstabiert. Der Rauch schob sich in Spiralen in die Nacht, während ich den Blick über die Szenerie schweifen ließ, die sich vor mir ausbreitete: Ein endloser Strom von Gesichtern, grau und zerfurcht, wie abgenutzte Münzen. Keiner von ihnen sah nach oben. Es schien, als ob sie sich darauf verständigt hätten, die Existenz des Himmels zu leugnen, so wie man einen unsichtbaren Elefanten im Raum ignoriert.

Doch ich konnte sie hören. Die Stadt sprach, flüsterte, schrie und wimmerte. Ihre Stimme war das Klirren von zerbrochenem Glas in der Ferne, das Summen von Neonröhren, die kurz vor dem Erlöschen standen, das unregelmäßige Trommeln von tropfendem Wasser in einer verrosteten Rinne. Ihre Worte waren nicht kohärent, eher ein absurdes Gemurmel, ein Kaleidoskop aus Klängen, das mich dennoch zu durchdringen schien.

Ein Mann mit einem zerfledderten Koffer schob sich an mir vorbei, seine Schultern gebeugt, sein Gang gehetzt. Er murmelte etwas vor sich hin – ein Gebet? Ein Fluch? Es klang, als würde er mit einer Gottheit verhandeln, die längst ihre Telefonnummer geändert hatte. „Ray Ban, Ray Ban“, flüsterte er, immer wieder, bis sein Singsang im allgemeinen Lärm erstickte.

An einer Ecke hockte eine Frau, die sich an eine Straßenlaterne klammerte, als wäre sie der Mast eines sinkenden Schiffs. Ihre Haare waren strähnig, ihre Augen hohl, und sie starrte auf einen zerknitterten Becher Kaffee in ihren Händen, als läge darin die Antwort auf eine Frage, die niemand je gestellt hatte.

„Wie viele Tage bleiben uns noch?“ fragte ich mich, laut genug, dass die Frau aufblickte, mich ansah – oder besser: durch mich hindurch. Keine Antwort, nur die Stille, die mir wie ein Hohn erschien.

Die Fassaden der Gebäude ringsum waren gesprenkelt von Graffiti, aber nicht von der rebellischen, lauten Art, die noch Wut und Hoffnung ausdrückt, sondern von einer seltsamen, kryptischen Sorte: Hier und da ein Wort, ein Zeichen, als hätte jemand im Halbschlaf versucht, eine verschlüsselte Botschaft zu hinterlassen. „Zersetzung“, „Erinnerung“, „junk food“ – Begriffe, die so willkürlich erschienen, dass sie fast etwas Heiliges hatten.

Es war, als hätte die Stadt selbst beschlossen, ihre eigene Grabrede zu halten, und das Publikum bestand aus niemandem außer mir.

Ich trat näher an ein Schaufenster, dessen Scheibe mit einem feinen Netz aus Rissen überzogen war, wie ein eingefrorenes Spinnennetz. Dahinter: ein Haufen Fernseher, alle flimmernd, zeigend… nichts. Kanäle ohne Signal, ein ständiges, grelles „Schhhhh“, das durch die Glaswand drang und mir ein flüchtiges Lächeln abrang. Wie passend, dachte ich. Ein Chor des Nichts.

Die Neonlichter der Reklamen oben blendeten mich, aber es war kein warmes Licht. Kein einladendes Glühen, sondern das kalte, sterilisierende Licht eines Operationssaals. „SALE“, blinkte es rot und grün, in einem Rhythmus, der fast schmerzhaft war. SALE – aber was gab es hier noch zu kaufen? Was war übrig geblieben?

Ein krächzender Laut riss mich aus meinen Gedanken. Eine Krähe – oder etwas, das eine Krähe hätte sein können, wenn es nicht so… falsch gewesen wäre. Ihr Gefieder schimmerte seltsam, wie mit einer öligen Schicht überzogen, und ihre Augen – ich schwöre es – sie sahen mich an, als wüssten sie, was ich dachte.

Plötzlich blieb die Zeit stehen. Nicht buchstäblich, aber so fühlte es sich an. Die Geräusche der Stadt wurden dumpfer, als hätte jemand die Lautstärke heruntergedreht. Die Krähe krächzte erneut, dann sprang sie auf und verschwand in der Dunkelheit.

Ich stand da, allein, während die Welt sich um mich herum weiterdrehte, als hätte sie mich vergessen. Und vielleicht hatte sie das auch.

Was bleibt, fragte ich mich, wenn die Lichter endgültig erlöschen? Wenn das letzte Geräusch verhallt und nur noch Stille bleibt? Vielleicht nichts. Vielleicht nur die Erinnerung an ein Flüstern, das nie wirklich verstanden wurde.

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